15. August: Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Der starke Wind vom Vortag ist passé. Wir haben es heute mit einem Zwischenhoch zu tun, wobei die Luftmasse vor allem im Tessin und östlich davon noch von hervorragender thermischer Qualität ist. Von Südwesten macht sich dagegen bereits Warmluft bemerkbar, was zusammen mit dichten Cirrenfeldern zu einem frühen Thermikende auch im Wallis führt. Auf dem Programm steht daher ein Flug Richtung Tonalepass.

Hier zunächst wieder das zugehörige Satellitenbild:

Satelliltenbild für den 15. August
Flugweg von Hans Fitterer vom 15.08.2004
Barogramm zum Flug von Hans Fitterer vom 15.08.2004

Wie üblich bei Thermiklagen klinken wir heute an den Südosthängen nördlich des Flugplatzes aus.

Über der Baumgrenze, also gut 2.100- 2.200 m, sollte man schon sein, um problemlos wegzukommen. Doch die Thermik ist relativ schwach und die Basis liegt bei nur 3.000 m, nach Westen abfallend.

Überhaupt lässt die Optik nach Westen schon die herannahende Warmluft erahnen, so dass der Entschluss Richtung Tessin abzufliegen, nicht schwer fällt, zumal im Südosten schönste Entwicklungen auszumachen sind.

Doch mit den bescheidenen Höhen von weniger als 3.000 m im Norden des Flugplatzes ist es nicht einfach, dem Goms zu entkommen. Einige Piloten versuchen über den 2.478 m hohen Nufenenpass ins Bedrettotal zu kommen. Sie brauchen mehrere Anläufe.

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Die Thermik an den Südflanken nördlich des Bedrettotales ist zuverlässig und reicht bis maximal 3.200 m. Ich fliege am Gotthardpass vorbei, wo sich die Straße von Airolo aus in die Höhe schlängelt.

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Welch unterschiedliche Farben dieser Bergseen!

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Wie vor zwei Tagen fliege ich den P.di Prata südöstlich von Chiavenna an. Glasklar liegt mir der Comer See zu Füßen.

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Nördlich von Sondrio quere ich das Val Malenco, das sich direkt südlich der Bernina befindet.
In der unteren Bildmitte die Ortschaften Chiesa und Caspóggio.

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Mittlerweile habe ich den Tonale-Pass überflogen und kann das Val di Sole entlang bis ins Bozener Becken sehen (Bildmitte).
Doch ab hier wird es zunehmend feuchter, so dass sich meine Ambitionen, noch weiter nach Osten zu fliegen, in Grenzen halten. Stattdessen gehen mir Konzepte durch den Kopf, den Rückflug noch weiter im Süden anzulegen.

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Die nötige Höhe für die Querung nach Süden hole ich mir an dem Bergrücken zwischen Tirano und Edolo. Ich gewinne den Eindruck, dass es sich bei diesem Rücken um den „Tschirgant“ des Veltlins handelt, denn schon vor knapp einer Stunde, als ich ihn das erste mal von Sondrio aus ins Blickfeld bekam, hatte er die knackigste Wolke über sich.
Ich komme in 2.600 m an und werde mit 4-5 m/s auf 3.300 m geschleudert. Kurz vor diesem super Bart fotografiere ich das Val Camonica nach Süden. Man hätte wohl durchaus bis zur Poebene rausfliegen können!

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Ich gleite unmittelbar nördlich des P.di Coca entlang.
Wirklich eindrucksvolle Berge, die ich bei Thermikwetter so noch nie zu sehen bekommen habe. Die Basis befindet sich hier heute bei stolzen 3.000 m.

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Etwas weiter westlich setze ich mich genau auf den Hauptkamm.
Die Berge werden hier etwas niedriger und erlauben einen freien Blick nach Süden.

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Querung des Addatales nach Norden.
Zwar stehen im Westen noch schöne Wolken, doch diese verlieren zusehends an Struktur. Bei Warmluft und Cirren kann man sich bekanntlich irren (oder wie lautet der Spruch?), doch heute werden uns diese beiden unangenehmen Erscheinungen das Leben tatsächlich noch erschweren.

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin

Bergseen unterhalb des Pizzo Roggione, östlich des Flugplatzes San Vittore.

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So sieht es gegen 16:40 Uhr in Kursrichtung aus.
Am Horizont rechts der Bildmitte das Finsteraarhorn, ein „Marker“ für unseren Heimatflugplatz Münster.

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Mit meiner eher komfortablen Höhe kann ich mich schon vor dem Nufenenpass ins Rhonetal schwingen. Unter den 8/8 Cirren rührt sich nichts mehr.

Jetzt ist es wirklich nur noch ein ruhiges Abgleiten der Höhe. Entspannende Minuten am Ende eines schönen und interessanten Tages.

Ich versuche dagegen, im Gerental südlich des Furkapasses Maximalhöhe zu machen, um dann durch eine Scharte südwestlich des P. Rotondo ins Bedrettotal zu springen. Mit gut 3.000 m im Gerental gelingt dies auch problemlos, hier ist auch das Foto Richtung Finsteraarhorn (4.274 m) und Lauteraarhorn (4.042 m) entstanden.

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Der weitere Flugweg führt das Valle Laventina entlang nach
Südosten. Es geht spitzenmäßig. Gut 30 km ohne Kreis, immer zwischen 2.900 und 3.100 m. Erst südwestlich des Rheinwaldhorns, an der Cima di Piancabella kurble ich wieder auf 3.200 m. Ein paar Kilometer südlich von mir der Flugplatz Lodrino (Bildmitte).

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Über der letzten Rippe vor Chiavenna.
Der Blick geht nach Osten ins Bergell.
Überall schöne Thermikwolken in 3.000–3.200 m.
Keine Frage, weiter ins Veltlin!

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Die Optik nach Osten ist viel versprechend, und so fliege ich nach 150 m Höhengewinn in knapp 2.900 m gleich weiter.

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Kurz vor der Querung des Val Poschiavo, das nach Norden zum Berninapass führt.
Zwischen dem Lago di Poschiavo und der Ortschaft Poschiavo sind die dort gegebenen Aussenlandemöglichkeiten gut zu erkennen.

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Der Tonalepass, südlich davon das eindrucksvolle Adamello-Massif.
Als ich den Tonalepass gerade wieder nach Westen überflogen habe, kommt mir Gerhard entgegen. Wir tauschen unsere Gedanken im Funk kurz aus und sind uns schnell einig:
die Optik südlich des Veltlins ist mehr als einladend!

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An dem Stausee östlich des P.di Coca, dem mit 3.052 m höchsten Gipfel der Bergamasker Alpen, steige ich problemlos in diesen Gebirgszug ein.

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Das Veltlin diesmal von Süden aus aufgenommen.
In Bildmitte Sondrio, oben rechts die Bernina-Gruppe.

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Südlich vom Eingang des Addatales kann ich noch mal auf 3.000 m steigen. Das Foto nach Norden zeigt im mittleren Bildbereich das Addatal mit der Mündung in den Comer See (vom Flügel verdeckt). Nach Norden führt das Tal ins Bergell.
Es steht die Entscheidung an, weiter nach Westen Richtung Lugano zu fliegen, oder aber wieder nach Norden abzubiegen, um im hohen Relief den Heimflug anzutreten. Schnell habe ich den Entschluss für die zweite Variante gefasst, denn von Westen kommen dichte Cirren auf uns zu und die Cu-Wolken zerfasern mehr und mehr.
Diese unerfreulichen Entwicklungen gehen wohl einher mit der vorhergesagten Warmluftzufuhr aus Südwest. Die Aufgabe für den Rest des Tages heißt also ab jetzt: heimkommen!

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Nach der Talquerung kann ich am Malvedello von 2.700 m auf knapp 3200 m steigen. Damit komme ich in einem Zug nach Nordwesten ins Valle Mesolcina.
Links von mir glitzert der Comer See im diffuser werdenden Licht.

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Über dem Valle Mesolcina, Blickrichtung Südwest nach San Vittore und weiter talabwärts Bellinzona. Oberhalb der Bildmitte ist das Nordost-Ende des Lago Maggiore zu erkennen.

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Ich versuche möglichst an den Hauptkamm zu kommen, um maximale Höhe zu gewinnen. Am Rheinwaldhorn stehen noch Wolken, unter denen ich auf 3.400 m steigen kann. Eine solide Grundlage für die letzten 60 km nach Münster, doch noch lange nicht genug, um den 2.478 m hohen Nufenenpass zu bezwingen.
Das Bild zeigt das Rheinwaldhorn, Richtung Ost-Südost fotografiert, daher noch diese schönen Wolken. Nach Westen gibt es so gut wie keine Cu-Entwicklungen mehr. Über Lukmanierpass und Gotthardpass gleite ich eine gute Linie nach Westen.
Noch ein paar mal schwaches Steigen mitgenommen – geschafft!

Flugtag 15. August 2004 - Ausflug zum Tonalepass und Erkundung des südlichen Veltlin
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Erstellt: 10.11.1999   letzte Änderung: 4/16/2009   Die Seiten des LSC Schliersee werden betreut von Günther Wagner   Hinweise