Ohlstädter Vergleichsfliegen 2023

Jeweils im Wechsel werden jährlich freundschaftliche Segelflugwettbewerbe in Königsdorf und Ohlstadt ausgetragen. Ziel dabei ist es, in einer entspannten Atmosphäre miteinander im Alpenvorland und den Bergen zu fliegen und voneinander zu lernen.

Am Freitag, den 5. Mai, packte ich den Discus AX in den Hänger und fuhr an den Flugplatz Ohlstadt. Nahe Murnau gelegen, bietet dieser bei schönem Wetter einen hervorragenden Blick auf das Wettersteinmassiv und Deutschlands höchsten Gipfel, die Zugspitze. Beim Eröffnungsbriefing waren die rund 40 teilnehmenden Piloten trotz des ersten Schauers zuversichtlich, eine Woche mit vielen Flügen absolvieren zu können. Da es zwei gemeldete Flugzeuge mit dem Wettbewerbskennzeichen AX gab, änderte ich zwecks der eindeutigen Identifizierbarkeit mein Kennzeichen zu AY. So flog ich den Wettbewerb quasi “inkognito”.

Der erste Wertungstag am Samstag begann vielversprechend, sodass sowohl die leichte (ohne Wasserballast), als auch die schwere (mit Wasserballast) Klasse aufbaute. Aufgrund der Labilisierung durch einen Höhentrog - ein Tiefdruckgebiet in der Höhe, dass für Luftmassenhebung und eine erhöhte Schauerneigung verantwortlich ist - entwickelten sich schon früh erste Schauer, sodass der Tag nach dem Start der schweren Klasse für alle neutralisiert wurde. Schweren Herzens, aber mit der Hoffnung auf mehr Glück am nächsten Tag, bauten wir unsere Flugzeuge wieder ab.

Am zweiten Wertungstag sollten alle in die Luft kommen. Es galt, eine Assigned Area Task (AAT) mit drei Wenden zu fliegen. Dabei gibt es kreisförmige Wendesektoren, die je nach Ermessen des Piloten unterschiedlich weit ausgeflogen werden können. Für die Wertung wird die geflogene Strecke, die bei jedem Teilnehmer unterschiedlich sein kann, durch die dafür benötigte Zeit geteilt. Zusätzlich sollte man nicht vor einer festgelegten Mindestflugzeit wieder zurückkehren. Die Wendesektoren an diesem Tag waren zuerst im Raum zwischen Kempten und Füssen, dann bei Bayrischzell und zuletzt bei Geretsried. Unglücklicherweise kam ich vor dem Startzeitpunkt sehr tief und konnte erst später abfliegen. Zu dem Zeitpunkt hatten sich über dem Lech schon vereinzelt Schauerzellen entwickelt. Westlich des Lechs wurden die Bärte stärker und die Basis höher, sodass ich westlich von Kempten wendete. Inzwischen hatten sich die Schauer aber zu einer durchgehenden Linie zwischen den Alpen und dem Münchner Luftraum entwickelt, sodass eine Rückkehr nach Ohlstadt nicht mehr möglich war. Ich wich zum Flugplatz Kaufbeuren aus, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Anstatt sich aufzulösen, blieben die Schauer aber konstant stark und verhinderten die Entwicklung von Thermik. So konnte ich mit der gewonnen Höhe nur noch nach Bad Wörishofen abgleiten und landete auf dem dortigen Segelfluggelände. Die Mitglieder des Segelflugvereins Bad Wörishofen e.V. empfingen mich sehr herzlich; so ging auch die Wartezeit bei der Rückholung schnell vorbei.

Am Montag bestimmte der inzwischen abgetropfte Höhentrog das Wetter und brachte viel Regen. Der Flugtag wurde neutralisiert, wir nutzten die Zeit aber, um uns über unsere theoretischen Kenntnisse bezüglich Streckenführung und taktischen Entscheidungen im Gebirge auszutauschen. Nachmittags stolperten wir über einen hochklassigen Flugsimulator und konnten unter der fachkundigen Anleitung von Achim, einem weiteren Wettbewerbsteilnehmer, zumindest simuliert durch das Alpenvorland fliegen.

Der Dienstag brachte aufgrund der vielen Niederschläge zunächst eine niedrige Basis. Deshalb konnten wir erst später starten und wurden dann in die Berge geschleppt. Dort befand sich zwischen Heimgarten und Herzogstand ein Basissprung von etwa 300 m zwischen dem Vorland und den Bergen. An dieser Wolkenkante an Höhe zu gewinnen war eine beeindruckende Erfahrung. Unglücklicherweise verlor ich durch einen bereits entwickelten Schauer deutlich an Höhe und musste im Loisachtal erst mühsam wieder an Höhe gewinnen. Danach fand ich den ganzen Flug über keinen Anschluss mehr an die stärkeren Aufwinde in den Randbergen und musste im schwächeren Alpenvorland bleiben. Dadurch kam ich sehr langsam voran konnte nur sehr landefeldorientiert fliegen. Ein aufkommender Ostwind erleichterte das Vorankommen nicht, sodass ich bei Dürnbach am Tegernsee keinen Anschluss mehr fand und außenlanden musste. Von den zwanzig gestarteten Piloten der leichten Klasse kamen nur zwei nach der Aufgabe wieder nach Ohlstadt zurück, alle anderen mussten auch außenlanden. Von der später gestarteten schweren Klasse schaffte es niemand ganz zurück.

Sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag blieb das Tiefdruckgebiet wetterbestimmend und brachte nach einer starken Kaltfront durchgehend Regen.

Nach der Neutralisierung am Freitag - die Wolkenuntergrenze war aufgrund des vielen Regens mit 600 m über Grund zu niedrig, um einen Wertungstag durchzuführen - war ich zu Gast in Königsdorf. Den dortigen Flugplatz und Flugbetrieb kennenzulernen war sehr interessant. Sollte ich auf einem späteren Flug in Königsdorf landen müssen, weiß ich so nun mehr über Anflug und Besonderheiten des Platzes.

Auch der Samstag war von nahezu aufliegender Bewölkung und Regen gekennzeichnet, sodass die Teilnehmer den Tag zum Aufräumen nutzten. Bei der abendlichen Abschlussveranstaltung wurden die trotz des schwierigen Wetters sehr besonnenen Entscheidungen der Wettbewerbsleitung lobend hervorgehoben. Anschließend konnten wir in einer sehr netten Runde zusammensitzen und trotz der wenigen Flüge auf eine lehrreiche Woche zurückblicken.

Dieses Vergleichsfliegen in Ohlstadt zeichnet sich für mich durch eine sehr entspannte und freundliche Atmosphäre aus. Es hat Spaß gemacht, mit anderen, oft auch sehr jungen Piloten, zu diskutieren und zu fliegen. So konnte ich üben, gerade bei komplexeren Wettersituationen taktische Entscheidungen zu treffen. Besonders das Wettbewerbsformat macht es möglich, die unterschiedlichen Entscheidungen dann miteinander zu vergleichen und im Nachhinein zu analysieren. So haben auch die Flüge bei “schlechtem” Wetter - bei denen man sonst eher selten überland fliegt - einen hohen Lerneffekt.

Luis

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